Eine kleine Handreichung für Diskussionen mit Gläubigen und Zweifelnden

Einfache aber überzeugende Argumente gegen Christentum und Kirche

Die vor­an­ge­gan­ge­nen Texte Folge 1 bis 7 the­ma­ti­sier­ten die umfas­sende Frage »Warum ich nicht mehr glau­ben kann«. Absicht war, eine Reihe von The­men­krei­sen von reli­giö­ser Bedeu­tung anzu­spre­chen und die darin ent­hal­te­nen Glau­bens­ele­mente mit ein­fa­chen, aber über­zeu­gen­den Argu­men­ten zu wider­le­gen bzw. wenigs­tens begrün­det zu bezwei­feln. Auf tie­fer­ge­hende phi­lo­so­phi­sche und theo­lo­gi­sche Argu­mente wurde dabei bewusst ver­zich­tet, statt­des­sen auf All­tags­lo­gik und Lebens­er­fah­rung zurück­ge­grif­fen, offen lie­gende Wider­sprü­che auf­ge­spießt und auf inzwi­schen bekannte und weit­hin akzep­tierte wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nisse verwiesen.

Der nach­fol­gende Text bietet auf einer DIN A4-Seite eine Zusam­men­fas­sung der wich­tigs­ten Argu­mente und ist gedacht als Anre­gung und Hand­rei­chung für Dis­kus­sio­nen mit Gläu­bi­gen und Zwei­feln­den. Dabei wirken ein­fa­che Argu­mente, ohne spe­zi­elle phi­lo­so­phi­sche, theo­lo­gi­sche oder natur­wis­sen­schaft­li­che Kennt­nisse, oft über­zeu­gen­der. Ledig­lich auf Logik und Empi­rie bau­ende Begrün­dun­gen sind leich­ter einseh- und nachvollziehbar.

Eine abschlie­ßende Bemer­kung zu lei­den­schaft­lich geführ­ten Dis­kus­sio­nen über Weltanschauung:

Früher habe ich in sol­chen Dis­kus­sio­nen so lange gestrit­ten, bis ich meinte, dass der andere keine Argu­mente mehr auf­zu­bie­ten hätte. Meist stellte sich dann heraus, dass der andere letzt­lich bei seiner Mei­nung blieb. Warum? Ein heftig geführ­ter Mei­nungs­streit, beson­ders wenn es um poli­ti­sche oder welt­an­schau­li­che Fragen geht, bekommt sehr schnell den Cha­rak­ter eines die ganze Person erfas­sen­den Streits. Eine Aus­ein­an­der­set­zung zu ver­lie­ren, bedeu­tet dann oft, auch an per­sön­li­chem Pres­tige ein­zu­bü­ßen. Das heißt, ein heftig aus­ge­tra­ge­ner Mei­nungs­streit hat neben der vor­herr­schen­den intel­lek­tu­ell-ratio­na­len Kom­po­nente immer auch eine emo­tio­nale Seite.

Ich habe daraus gelernt, einen sol­chen Mei­nungs­streit nur bis zu einem bestimm­ten Punkt zu führen. Beson­ders bei reli­giö­sen Fragen habe ich die Erfah­rung gemacht, dass es ziel­füh­ren­der ist, sich darauf zu beschrän­ken, Fakten dar­zu­le­gen und auf Wider­sprü­che auf­merk­sam zu machen – mehr nicht!

Kei­nes­falls sollte man die Kapi­tu­la­tion der Gegen­seite anstre­ben. Viel mehr meiner Sache dien­lich ist es, wenn ich die letz­ten Schluss­fol­ge­run­gen aus meinen Argu­men­ten dem Dis­kus­si­ons­part­ner über­lasse. Im Fall einer über­zeu­gen­den Argu­men­ta­tion mei­ner­seits, die nicht die Kapi­tu­la­tion der Gegen­seite erwar­tet, fällt es dem ande­ren leich­ter, mir Recht zuge­ben, viel­leicht mit eige­nen Worten for­mu­liert und noch mit einer eige­nen Begrün­dung bekräf­tigt. Das gilt beson­ders dann, wenn dieser behut­sam ange­grif­fene Mensch wieder mit sich allein ist. Schließ­lich muss er seine intel­lek­tu­elle Nie­der­lage dann nicht offen zugeben

Die Wahr­schein­lich­keit, dass ich einen wei­te­ren Men­schen von meinen Ideen über­zeu­gen kann, steigt so eher als bei einem offe­nen, auf Über­le­gen­heit ori­en­tier­ten Schlag­ab­tausch. Nicht selten habe ich erlebt, dass Men­schen nach einem sol­chen zurück­hal­tend geführ­ten Streit­ge­spräch mir später gestan­den, dass sie sich meiner Mei­nung ange­schlos­sen hätten. Dabei ist selbst­ver­ständ­lich vor­aus­ge­setzt, dass die Fak­ten­lage meine Posi­tion tat­säch­lich stützt.

Zusammenfassung der Argumente gegen Christentum und Kirche

1. Bemerkenswerte beobachtbare Widersprüchlichkeiten

  • Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit wird nicht gewählt son­dern fest­ge­legt auf­grund des Geburtslandes.
  • Kein glau­ben­s­er­füll­tes Beten in aus­sichts­lo­sen Fällen (ampu­tier­tes Bein, gestor­be­nes Kind).
  • Tau­sende von Göt­tern bisher ver­ehrt und wieder ver­ges­sen – Warum Jahwe der „wahre Gott“?
  • Der bibli­sche Gott hat sich trotz All­wis­sen­heit zwei­mal fatal geirrt (Sint­flut, Jesus als Opfer).

2. Wissenschaftliche Argumente gegen Christentum und Kirche

  • Ab dem 16. Jahr­hun­dert trat die Natur­wis­sen­schaft als dritte kul­tur­prä­gende Dis­zi­plin auf neben
    Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie und wider­legte viele reli­giöse Vorstellungen.
  • Geist ist eine Funk­tion der Mate­rie bzw. mate­ri­el­ler Struk­tu­ren, keine eigen­stän­dige Wesenheit.
  • Moral ist über Koope­ra­tion und Empa­thie evo­lu­tio­när ent­stan­den, nicht von Gott gekommen.
  • Evo­lu­ti­ons­theo­rie erklärt die Mensch­wer­dung plau­si­bel, Bibel erzählt ein­fäl­ti­ges Märchen.

3. Moralische Argumente gegen Christentum und Kirche

  • Desas­tröse Geschichte des Chris­ten­tums und der Kirche: Kreuz­züge, Inqui­si­tion, Pogrome, …
  • Mora­li­sche Zumu­tung: Erlö­sung von den Sünden durch ein Menschenopfer.
  • Christ­li­che Lehre ohne Auf­klä­rung ver­träte noch heute Normen einer uralten Hirtenkultur.
  • Die Theo­di­zee: Gott ist nicht barm­her­zig oder exis­tiert nicht in der ver­kün­de­ten Form.

4. Gotteserfahrungen als »Beweis« für die Existenz Gottes

  • Die Schöp­fung als (angeb­lich) sicht­ba­res Zei­chen der Exis­tenz Gottes.
  • Eine uner­war­tete Bege­ben­heit oder Begeg­nung als (angeb­li­cher) Fin­ger­zeig Gottes.
  • Eine Got­tes­er­fah­rung ist nur eine ganz per­sön­li­che, nicht über­trag­bare Erfahrung.

5. Motive trotz fehlenden Glaubens in der Kirche zu sein oder zu bleiben

  • Etwa 50 % blei­ben Mit­glied nur wegen kirch­li­cher Trau­ung und kirch­li­cher Beerdigung.
  • Angst vor gött­li­chem Zorn und Ver­damm­nis bei Abwen­dung vom Glau­ben, falls Gott doch existiert.
  • Anpas­sung und Mit­läu­fer­tum wegen gesell­schaft­li­chem und beruf­li­chem Drucks ohne tat­säch­li­che Überzeugung.
  • Kirch­li­ches Arbeits­recht: Zwangs­mit­glied­schaft, wenn Anstel­lung bei Dia­ko­nie oder Caritas.
  • Kul­tu­rel­les oder sozia­les Enga­ge­ment im Rahmen der Kirche trotz feh­len­den Glaubens.
  • Die Kirche als bloßer Ort der Gemein­schaft und der sozia­len Kontakte.

6. Die Säulen einer naturalistisch-humanistischen Weltanschauung

  • Natu­ra­lis­ti­sches Welt­bild: Erkennt­nisse der Natur­wis­sen­schaf­ten maß­ge­bend. Logik, Sys­te­ma­tik und Empi­rie der Wis­sen­schaf­ten als Vor­bild. Skep­sis gegen­über nur behaup­te­ten Wahrheiten.
  • Säku­la­res Wer­te­sys­tem: Statt gött­lich gestif­te­ter Moral ver­nunft­ba­sierte Ethik. Mensch ist das Maß der Dinge. Grund­le­gende Werte: Selbst­be­stim­mung, Gleich­heit, Frei­heit, Soli­da­ri­tät, Tole­ranz, …, Prin­zip des fairen Interessenausgleichs.
  • Kon­se­quente Dies­seits­ori­en­tie­rung: Mensch hat höchst­wahr­schein­lich nur ein Leben. Sinn des Lebens vor allem durch gesell­schaft­li­ches Enga­ge­ment. Erfüll­tes Leben erleich­tert Abschied vom Leben. Offen­heit für »spi­ri­tu­elle« Fragen.

7. Gemeinsamkeit zwischen säkularen Humanisten und gläubigen Christen

  • Der christ­li­che Opfer­my­thos und der Glaube an die ver­kün­digte Auf­er­ste­hung ver­lie­ren weiter an Bedeu­tung – Ein all­ge­mei­ner Got­tes­glau­ben wird sich noch lange halten: Sehn­sucht nach einem gött­li­chen Beschüt­zer, nach einer geist­li­chen Füh­rung – Bemer­kens­wert: Etwa die Hälfte der Chris­ten ver­tritt bereits huma­nis­ti­sche Überzeugungen.
  • An Bedeu­tung weiter gewin­nen wird die mora­li­sche und soziale Kom­po­nente inner­halb der Kirche: Jesus als kon­stru­ier­tes mora­li­sches Ideal. In der prak­ti­zier­ten Moral kann die Gemein­sam­keit zwi­schen säku­la­ren Huma­nis­ten und gläu­bi­gen Chris­ten bestehen.

Wei­ter­ge­hende Infor­ma­tio­nen in dem Buch Uwe Leh­nert: Warum ich kein Christ sein will – Mein Weg vom christ­li­chen Glau­ben zu einer natu­ra­lis­tisch-huma­nis­ti­schen Welt­an­schau­ung. Tectum Wissen­schafts­verlag, 2018, 7., voll­stän­dig über­ar­bei­tete Auf­lage, 489 Seiten, 19,95 Euro. 

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Zusam­men­fas­sung: Ein­fa­che, aber über­zeu­gende Argu­mente gegen Chris­ten­tum und Kirche

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